Achtsam untergehen – oder wie ich leider doch keine Surferin wurde
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Dies hier ist die grandiose Erfolgsgeschichte einer mutigen Surferin, die dem Atlantik trotzte. Harrharrharr. Zweiter Versuch: Dies hier ist die grandiose Erfolgsgeschichte vom Atlantik, der aktuell immer noch am Lachen erstickt, nachdem er das Häufchen Wanna-Be zum hundertsten Mal an den Strand gespuckt hat.
Aber von vorn. Zwei Monate Portugal lagen vor mir, traumhafte menschenleere Strände, ein paar Delfine am Horizont. Einerseits natürlich DER perfekte Ort, um sämtliche Achtsamkeitstechniken dieses Planeten durchzuprobieren, andererseits aber auch ein Jammer, wenn man die örtlichen Gegebenheiten nicht dafür nutzt und das Thema Wassersport etwas näher in den Vordergrund rückt. Ich stehe seit meinem vierzehnten Lebensjahr auf dem Skateboard und verbringe jede freie Minute auf meinem Snowboard im Schnee, glasklare Sache, dass ich surfe, wenn ich schon temporär am Meer wohne. Jetzt ist es ungünstigerweise so, dass ich ein etwas ambivalentes Verhältnis zu Wasser hege. Also Trinkwasser finde ich super, auch in die Dusche verirre ich mich ab und zu, aber Weltmeere finde ich dann doch etwas over the top. Hat sich schon jemand was bei gedacht, dass wir keine Kiemen haben. Wieso dann um Himmels Willen surfen? Also zum einen kratzt das etwas an meiner Street-Credibility, wenn das Outdoorsport-Girl als Schisser am Strand hockt, zum anderen ist da ja noch die Sache mit den Ängsten. Aus der Tatsache, dass ich Menschen mit Angststörungen coache, abzuleiten, dass ich keine Ängste habe, ist leider ein kausaler Fehlschluss. Ganz im Gegenteil. Ich find Höhe durchaus kacke, enge Räume, Spinnen und ja, Weltmeere halt. Ängste werden allerdings erst dann zum Problem, wenn sie dich beherrschen und zu vermeiden führen. Deswegen lautet meine Lebensdevise: Da musste durch als Lurch! Und seitdem quäle ich mich gelegentlich durch Tarantel-Ausstellungen, Fallschirmspringen, Segelfliegen, und jetzt eben Surfen. Ist schließlich alles nur ne Kopfsache.
Dieses Jahr fühlte ich mich für das Projekt „Überleben im Ozean“ in meinem Kopf zumindest schon mal ausreichend gerüstet: Schritt eins: Beschäftige dich mit dem Objekt deiner Angst, anstatt es zu vermeiden: Ok. Findet Nemo in Dauerschleife geschaut, Ringetauchen im Freibad, mit dem SUP über die Seen gepaddelt, Seeigel-Meditationen. Checkcheck.
Schritt zwei: Ordne ein, wie irrational oder begründet deine Angst ist. Ertrinken Menschen? Ja verdammt. Im Meer? JAHAA. Im Neoprenanzug, mit Surfboard ans Bein gekettet, zwischen zwei Lifeguards, inmitten einer fünfköpfigen Surfanfängergruppe im hüfttiefen Wasser? Schweig still.
Man muss jedoch dazu wissen, dass sich in mir außerdem eine seltene Kombination aus Eigenschaften befindet: Angst vor Strömung und völlige Talentbefreitheit. Nicht, dass ich mich nicht auf Brettern halten könnte. Ich mach dir nen Kopfstand auf dem verdammten Ding. Aber dann ist da ja noch die kleine Sache mit den Wellen und meinem nicht existierenden Reaktionsvermögen. „Kim WELLE!“ „Was?“ PAAAAAAM. Und nochmal „Kim JETZT“ „Was?“ PAAAAAAM. Da kommt Freude auf, sag ich dir. Bereits einige Sekunden unter Wasser, immer noch mit gefühlt 1200 Umdrehungen durch die Tiefe und gelegentlich über den Meeresgrund geschleudert, kam sie dann doch langsam, die Panik. Jetzt ganz ruhig bleiben. Was erklär ich den Leuten immer? Konzentrier dich einfach auf deine Atmung. Schwierig. Naja, man muss halt mal flexibel bleiben. Schien der passende Moment sich ausführlich der Yogapraxis „Kumbhaka“ (Atemleere) zu widmen. Ein Mississippi, zwei Mississippi,… Überragend sag ich dir.
Drei ernüchternde und immer noch Seepferdchen wiederkäuende Tage später, konnte ich mich immerhin soweit auf diesem Brett halten, dass ich mich mit dem Ding nicht mehr alle dreißig Sekunden hab bewusstlos schlagen lassen (Kein Witz, die fliegen die ins Gesicht! Welcher Sadist hat sich überlegt, dass man im Atlantik surfen muss?). Bessere Methode, um im Moment zu leben, wirst du so schnell nicht auftreiben, no joke. Ich lebe im Hier und Jetzt, PAAAAAM, ich bin eins mit dem Moment, PAAAAAAM.
Surfkurs beendet, Ego ramponiert, Wut, Scham und Schmerz wieder ausgeatmet. Sand, Krebse und Seetank auch, wusste ich, es führt kein Weg drum rum: Dranbleiben und Üben war die Devise. Aufgeben keine Option. Ich lieh mir also für den Rest der Woche von Freunden etwas Equipment, in meiner Playlist liefen Avril Lavigne mit „Skaterboy“ „Heaven is a Halfpipe“ und „Surfin´ the USA“ in Dauerschleife, „The endless summer“ bestimmte das Abendprogramm- ein bisschen ´priming´ konnte an dieser Stelle nicht schaden. Mein Vokabular erweiterte sich noch eilig um „Swell“ „Beachbreaks“ und „Duck-Dive“, letzteres versprach Hoffnung, klang ja fast wie beim Yoga. Am Abend dann wieder zum Strand.
Ab in den Wetsuit geschlüpft, fachkundig die Wasseroberfläche beäugt, selbstbewusst die 300 Meter am Strand entlang (an drei Restaurant, zwei Surfschulen und einer ganzen Horde Locals vorbei), um dann an der vermeintlich geeigneten Stelle ins Wasser zu laufen. Gerade will ich nach draußen paddeln, da hechtet von links plötzlich ein wild winkender Lifeguard auf mich zu. Was genau denn mein Plan sei? Na surfen! Er so: Da? Also genau da? Wo die einzige Stelle mit ner Mords-strömung ist? Bist du Profisurfer?
Stille.
Ob mir nicht vielleicht aufgefallen sei, dass abgesehen von den drei Profis, die von einem Motorboot verfolgt werden, weil die einen verdammten Film drehen, sonst absolut niemand so wahnsinnig ist und da grad reingeht?
Eh. Nope.
300 Meter wieder zurück geschlappt. An jedem einzelnen Menschen vorbei, der das Spektakel beobachtet hat und wahrscheinlich vor Lachen am Tintenfisch erstickt ist. Richtiger Moment für eine Gehmeditation. Möge sich vielleicht der Erdboden auftun und die Gehmeditation zwanzig Meter tiefer stattfinden lassen.
Brett wieder ins Auto verstaut. Ende der Surfkarriere. Wie lernt man im Yoga so schön? Man muss Dinge auch loslassen können! Kim das Surfchick surft ab sofort maximal durch die Badewanne.
Schon gewusst? Meine Artikel in der Rubrik „Pursuit of Happiness“ dienen hauptsächlich der Unterhaltung und bilden teils sehr überspitzt die Wirklichkeit ab. Mach dir also keine Sorgen, dass du mit mir als Coach versehentlich jemand anheuerst, der dringend selbst ein Coaching bräuchte. Die hier beschriebenen Situationen haben zwar einen realen Kern, sind jedoch überzogen dargestellt und dienen insbesondere einem: Dich zum Lächeln zu bringen. Denn Humor und Optimismus machen nicht nur Spaß, sondern wirken sich tatsächlich positiv auf die Lebenslänge aus! In der Rubrik „Health“ stelle ich dir künftig sachliche Artikel zur Verfügung, die sich rund um das Thema mentale und körperliche Gesundheit drehen! Alles Liebe, Deine Kim
3 Antworten
Aufgabe für heute erfüllt! Danke für das Lächeln am Morgen, liebe Kim. Ich hab mir das bildlich und lebhaft vorstellen können. Bitte hör nie auf anzufangen und gib den Wellen noch eine Chance 😘🌻
Haha, danke sehr 🙂 Ich geb mein Bestes! Alles liebe für dich!
Absolut! Ich fühle direkt mit!😅